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Sie sehen oben die Kalligraphie des chinesischen Schriftzeichen “yang” [naehren, aufziehen]
Unten ist das Zeichen für „essen“, „füttern“ oben das Zeichen für „Lamm“
Nähren heißt mit der Fügsamkeit eines Lammes Nahrung zuführen.
Wenn Sie ein Vater, eine Mutter, ein Lehrer oder eine Lehrerin sind, dann nähren Sie Ihre Kinder gut. Sie sind noch jung, unschuldig und zu klein, um große Träume oder böse Absichten zu hegen.
Sie aber wissen, daß es auch schlecht zugeht in der Welt. Sie wissen, daß es nichts Absolutes gibt. Sie wissen, wie Furcht erregend das Leben sein kann.
Wenn Sie aber ihre Kinder zu Unabhängigkeit erziehen wollen, müssen Sie sie vorbehaltlos lieben, hegen und pflegen.
Das Lamm ist ein Symbol für Hingabe und Fügsamkeit.
Sanftheit und Güte sollten allen Eltern und Lehrern als Norm gelten.
Sicher, das Leben ist hart. Und gewiß hatten Sie selbst es nie so gut wie die jungen Menschen von heute.
Aber ist es nicht an der Zeit, daß jemand einmal gut und richtig aufwächst? Vielleicht ist es für die ältere Generation zu spät; doch es ist nicht zu spät, dafür zu sorgen,
daß in einem anderen Menschen gute Gefühle und Hoffnung entstehen.
Gute Eltern nähren ihre Kinder nicht nur mit Speisen, sie nähren sie auch emotional, intellektuell und spirituell.
Das Wichtigste, was sie tun können, ist, einfach präsent zu sein. Das ist keine Sache von qualitativer Zeit. Das ist ganz schlicht eine Sache von Zeit.
Am besten sind Sie so oft und lange da wie möglich. Wenn Sie immer für Ihr Kind da sein können, wird es begreifen, was Anwesenheit und Beständigkeit sind. Dies läßt sich nur über das Beispiel lernen.
Manche Meister der Alten Schulen behielten ihre „Geheimnisse“ für sich, aus Angst, ihre Schüler würden sie überflügeln. Angesichts eines solchen Egoismus ist es kein Wunder,
daß ihre Traditionslinien ausgestorben sind. Was haben Sie, als der Ältere, zu fürchten, wenn Sie alles lehren, was Sie wissen?
Das Kind kann Sie nie „einholen“; aber wenn Sie rückhaltlos alles lehren, wird das Kind vielleicht eines Tages das erweitern, was Sie ihm vermittelt haben.
Durch die Selbstlosigkeit des Nährens wird die nährende Person ihrerseits genährt.
nach Deng Ming-Dao
Tao im Täglichen Leben [S. 278 ff.]
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