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Thomas Cleary (Hrg.) Practical Taoism in Cleary The Taoist Classics Band 2

Die Einführung wurde übersetzt von unserer Marlies.
Es gibt zwei Wege zur Kultivierung der Verfeinerung. Im Wen Tzu, dem Klassiker heißt es „ Kannst Du den Lebensgeist (shen) sehen, erreichst Du dauerhaftes Leben;
kannst Du den Lebensgeist (shen) vergessen, erreichst Du übernatürliches, transzendentes Leben“.
Den Lebensgeist (shen) vergessen bedeutet, den äußersten Punkt der Leere zu erreichen.
Du erreichst Ruhe, und Vitalität (ching) wandelt sich auf natürliche Weise in Energie (chi) um, Energie (chi) wandelt sich auf natürliche Weise in Geist um, und der Geist kehrt auf natürliche Weise in die Leere zurück.
Den Lebensgeist (shen) sehen bedeutet, Leere und Ruhe als wesentlich zu nehmen, den Feuerungsprozeß als funktional, die Verfeinerung der Vitalität (ching) in Energie (chi),
die Energie (chi) in Geist und die Verfeinerung des Geistes zurück in die Leere. Das ist das Studium dessen, wie die Energie (chi) durch den Geist angetrieben wird.
Obwohl die Beschäftigung des Großen Weges des Sich-Nicht-Widersetzens nicht die Vitalität (ching) und Energie (chi) erwähnt, verschmelzt man tatsächlich mit dem Weg, körperlich und geistig sublimiert,
erscheint und verschwindet im Sein und Nichtsein, ändert sich unergründlich mit einer Lebensspanne ohne Maß. Das heißt, die Essenz zu begreifen und anschließend spontan das Wesen des Lebens zu begreifen.
Das heißt, dass das Niedere im Höheren enthalten ist.
Den Geist zu benutzen, um die Energie (chi) anzutreiben schließt Vitalität (ching) und Energie (chi) ein,
aber man bewahrt ihre ursprüngliche Harmonie, die unaufhörlich tätig ist. Die vollendete Harmonie durchdringt, verfeinert und erzeugt Flüssigkeit,
die das Körperliche mit dem Geistigen vereinen kann, um zu leben ohne zu sterben. Das heißt Leben zu verstehen, und die Essenz dadurch unvergänglich zu machen. Das bedeutet, vom Niederen zum Höheren fortzuschreiten.
Der Große Weg des völligen Loslassens bezieht sich auf den metaphysischen Körper; die Energie (chi) durch den Geist anzutreiben bezieht sich auf den physischen Körper.
Obwohl sich diese beiden im Ausmaß unterscheiden, sind sie dennoch die Wirklichkeiten der geistigen Alchemie,
die wahre Quelle des Großen Weges; es ist nützlich, sie zu erkennen, und sie können durch Übung bewältigt werden.
Sie sind nicht wie niedere Arten von Hilfsmitteln, an denen man arbeitet, ohne irgendetwas zu erreichen.
Als ich vor langer Zeit meinem Lehrer erstmals begegnete, bat ich um Anleitungen
zum Erlernen der Unsterblichkeit. Mein Lehrer sagte, dass das Lernen der Unsterblichkeit künstlich oder real sein kann: das Künstliche ist der Weg der Methodologen, während das Reale sich bei denen findet,
„die auf dem Weg (dao) sind“. Als ich darauf folgend Anweisungen erhielt, konnte ich glücklicherweise das Gewöhnliche überschreiten.
Der Weg der Methodologen besteht nun darin, beispielsweise Pflanzensamen zu verzehren, und Bäume und die Essenz der Metalle und Mineralien auszuwählen sowie Methoden, um Yang zu vermehren.
Die Arbeit derer, „die auf dem Weg sind“ besteht aus 2 Punkten: den Lebensgeist (shen) zu vergessen und den Lebensgeist (shen) zu sehen. Diejenigen, die das ewige Leben durch bestimmte Techniken zu erreichen suchen,
werden zwangsläufig ihr eigenes Leben ruinieren. Indem man sich am „großen Weg“ (dao) hält, lebt man nicht nur lange, sondern erfährt auch direkt Alterslosigkeit.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Realen und dem Künstlichen, zwischen dem Weg und Techniken; die, die dies erkannt haben, wissen um den Unterschied.
Seit alters her gibt es aber viele taoistische Bücher, in denen altehrwürdige Lehrer alle Arten von Gleichnissen erzählen, sie verwenden Gegenstände die für Begriffe stehen, und benutzen Begriffe,
um Bedeutungen zu verankern. Weil der wahre Weg schwer auszudrücken ist, wollten sie lediglich Hinweise geben ohne eindeutig zu reden.
Die Schüler später verfingen sich in Wörter und klammerten sich an abstrakte Metaphern.
Wenn Du die Dinge loslässt, ist Dein Körper nicht angespannt, wenn Du nichts Künstliches erfindest,
ist Dein Geist natürlicherweise friedlich. Heiterkeit und Leichtigkeit entwickeln sich von Tag zu Tag, während die Verstrickung in Gegenstände von Tag zu Tag dünner wird.
Deine Handlungen entfernen sich weiter vom Weltlichen, während Dein Geist sich immer mehr dem Weg annähert.
Manche Menschen zeigen Tugend und die Fähigkeit, andere dazu zu bringen, sie zu unterstützen.
Manche besuchen andere Menschen zum Feiern oder gehen zu Beerdigungen, machen daraus aber in Wirklichkeit Geschäftsreisen.
Einige täuschen die Zurückgezogenheit von Eremiten vor, suchen aber in Wirklichkeit soziales Vorwärtskommen. Einige bieten anderen zu essen und zu trinken an und hoffen dabei auf spätere Vergünstigungen.
Das sind alles kluge Handlungen des trickreichen Geistes, um zeitweise Vorzüge zu ergattern. Sie verhindern aber richtiges Handeln und sollten daher vermieden werden.
So lange Du keine Projekte beginnst, werden andere Dir auch nicht nacheifern; selbst wenn andere Projekte beginnen, folgst Du ihnen nicht nach.
Du löst Dich allmählich von alten Verstrickungen, gehe keine neuen Verstrickungen ein.
Essen schließt auch Wein und Fleisch ein; Bekleidung feine Seide;
der soziale Status beinhaltet Ansehen und Stellung; materieller Wohlstand schließt Gold und Jade ein; aber alle diese Luxusgegenstände sind Auswüchse emotionaler Wünsche, keine guten Heilmittel,
die das Leben verbessern. Die Leute, die hinter diesen Dingen herjagen, richten sich nur selbst zugrunde. Ach, wie verwirrt kann man doch sein!
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